Börsenrückblick: Überall feiern Aktionäre Top-Renditen – ausser in der Schweiz (2025)

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Nestlé und Co. als Party-Crasher: Überall feiern Aktionäre Top-Renditen – ausser in der Schweiz

Die Aktien einer Handvoll Grossunternehmen haben 2024 einige Börsen weit vorangebracht. In der Schweiz passierte das Gegenteil.

Daniel Zulauf

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Börsenrückblick: Überall feiern Aktionäre Top-Renditen – ausser in der Schweiz (1)

Das Thermometer der Schweizer Börse oszillierte auch im vergangenen Jahr unterhalb der Normaltemperatur. Zwar konnte der Swiss-Market-Index (SMI) - wie im Vorjahr (+3,8 Prozent) - um rund 4 Prozent zulegen. Aber damit sind weder die Verluste aus dem Pandemiejahr 2022 (–16,7 Prozent) ausgemerzt, noch erreicht die Performance den langfristigen historischen Mittelwert von Aktienanlagen.

Das Bild ändert sich auch nicht grundlegend, wenn man die hierzulande erfahrungsgemäss üppig fliessenden Dividenden zur Gesamtperformance hinzurechnet. Der Swiss-Performance-Index inklusive Dividenden erreichte 2024 mit einem Plus von 6,6 Prozent die von der Bank Pictet seit 1926 errechnete Durchschnittsrendite von Schweizer Aktien von 7,7 Prozent pro Jahr bei weitem nicht.

USA Top, Schweiz Flop

Im Vergleich dazu ging es an den US-Börsen richtig hoch zu und her. Der S&P-500-Index, der die Kursentwicklung der 500 wichtigsten US-Aktien darstellt, hat 2024 rund 25 Prozent zugelegt. In den 95 Jahren seit Ausbruch der grossen Weltwirtschaftskrise 1929 war die Performance der US-Börse nur zwölfmal besser. Demgegenüber haben Schweizer Aktien in 50 der 95 Jahre eine höhere Rendite abgeworfen als im Jahr 2024.

Allerdings erklären lediglich sieben Aktien etwa 70 Prozent der strahlenden Performance der US-Börsen. Die «Glorreichen Sieben» – Apple, Microsoft, Nvidia, Amazon, der Facebook-Konzern Meta, das Google-Haus Alphabet und Tesla – haben 2024 mit ihrem aggregierten Indexgewicht von rund 30 Prozent einen Performancebeitrag von um die 20 Prozent erzielt. Die 493 anderen S&P-500-Titel steuerten demzufolge nur etwa 8 Prozent zum diesjährigen Anstieg des Index bei. Bis zum Ende der ersten Jahreshälfte war diese Konzentration sogar noch ausgeprägter.

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Die Indexkonzentration ist vor allem im Verlauf der vergangenen zwei Jahre im Zug des kometenhaften Aufstiegs der genannten US-Technologiewerte zu einem allgegenwärtigen Thema für Aktienanleger geworden. Das Phänomen ist aber keineswegs neu und insbesondere in der Schweiz schon lange bekannt.

Geschwächte «Musketiere»

Hierzulande könnte man in Analogie zu den «Magnificent Seven» von den drei Musketieren sprechen: Nestlé, Novartis und Roche kommen zusammen auf ein aggregiertes Gewicht im SMI von über 40 Prozent. Wenn diese drei Aktien gut laufen, sieht auch die Index-Performance gut aus. Seit zwei Jahren tanzen die Schweizer im Reigen der Börsenelefanten aber nicht mehr mit. 2023 wurde der SMI vor allem von der schwachen Kursentwicklung der Roche-Titel (–28 Prozent) zurückgehalten. 2024 waren die Nestlé-Valoren hauptverantwortlich für das vergleichsweise schlechte Abschneiden des Schweizer Marktes.

Ohne die Aktien des Nahrungsmittelmultis wäre der Anstieg des SMI im nun zu Ende gehenden Jahr rund doppelt so hoch ausgefallen. Die dahinterliegende Rechnung ist einfach: Man multipliziert das Indexgewicht (im Fall von Nestlé 15 Prozent) mit der prozentualen Kursveränderung und kommt so auf den Performancebeitrag zum Index. Auch die Aktien von Novartis und Roche konnten 2024 nicht brillieren, schnitten aber immerhin viel besser ab als Nestlé. So beschränkte sich der negative Beitrag der drei Musketiere zur SMI-Performance auf etwa minus 2 Prozent.

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Das Problem findet man aber auch an den Börsen zahlreicher anderer Länder. So wird zum Beispiel die Kursentwicklung des Leitindex Dax, der die Aktien der 40 wertvollsten Publikumsgesellschaften Deutschlands enthält, ebenfalls von einer Handvoll Valoren bestimmt – allen voran jene des Betriebssoftwareherstellers SAP, deren Wert 2024 um mehr als 70 Prozent gestiegen ist.

SAP, Münchener Rück, Allianz, Siemens und wie die schwergewichtigen Titel mit guter Performance im Dax alle heissen, sie haben das Hauptverdienst, dass der Index 2024 um gut 20 vorangekommen ist und die miserablen Vorstellungen von Konzernen wie Bayer, Porsche, BMW und VW übertüncht werden konnten.

Indexfonds sind nicht allein schuld

Bleibt die Frage, woher das Phänomen dieser Konzentration überhaupt kommt. Spontan ist man zur Antwort geneigt, dass daran der weltweite Trend zu passiven Indexanlagen schuld ist. Viele Investoren glauben, dass sie bessere Anlageergebnisse erzielen, wenn sie nicht Einzelaktien, sondern Fonds kaufen, die ganze Märkte abbilden.

Solche Indexfonds gibt es in unzähligen Ausführungen. Und weil im Prinzip ein Roboter reicht, um solche Fonds zu managen, sind sie auch für die Anleger kostengünstiger. Der Anteil passiver Anlagen an den weltweiten Vermögen, die via Publikumsfonds oder via Fonds für institutionelle Grosskunden verwaltet werden, hat sich zwischen 2005 und 2023 auf 20 Prozent verdoppelt.

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Doch kampflos geben die aktiven Fondsmanager ihr Feld nicht an die passive Konkurrenz ab. So verweist der Zürcher Vermögensverwalter Swiss Rock auf eine neue Arbeit des Finanzmarktforschers Hendrick Bessembinder von der University of Arizona, der nachweist, dass es über lange Zeiträume hinweg schon immer nur wenige Aktien waren, die sich mit einer überdurchschnittlichen Performance auszeichnen konnten.

Der Forscher untersuchte 29’078 Titel, die zwischen 1925 und 2023 an einer US-Börse gehandelt wurden. Erstaunlich: 51 Prozent der Titel haben während ihrer Laufzeit negative Gesamtrenditen erzielt. Eine kleine Gruppe von nur 17 Aktien schaffte aber eine durchschnittliche Jahresperformance von 13,47 Prozent. Dank des Zinseszinseffekts haben sich die Renditen dieser Titel über den gesamten Zeitraum hinweg auf mehr als fünf Millionen Prozent kumuliert.

Im blauen Dunst

Weniger überraschend: Die beste Performance erzielten die Aktien einer Firma namens Altria Group. Ihre kumulierte Gesamtrendite beträgt 265 Millionen Prozent, was bedeutet, dass aus einem einzigen anfänglich investierten Dollar jetzt 2,65 Millionen Dollar geworden sind. Altria hiess früher Philip Morris und ist nicht mit raffinierter Technologie, sondern ganz einfach mit Tabak so reich geworden. 1998 ging es den Zigarettenherstellern an den Kragen: Sie mussten im bis heute teuersten Vergleich in der US-Justizgeschichte 206 Milliarden Dollar zur Deckung der verursachten Kosten im Gesundheitssystem zahlen.

Dennoch hat sich der Wert der Altria-Aktien seither abermals verfünffacht und damit den S&P-Index mitsamt den «Glorreichen Sieben» geschlagen. Die Interpretation dieses Befundes bleibe jeder Leserin und jedem Leser selbst überlassen.

Der guten Ordnung halber sei aber noch erwähnt: Gemäss dem Vermögensverwalter Swiss Rock zeigt der Befund von Hendrick Bessembinder, dass Aktien mit langfristig überdurchschnittlicher Performance typischerweise Unternehmen konservativer Branchen repräsentieren. Das müssen nicht unbedingt ganz grosse Firmen sein, vermutlich aber solche, die es schaffen, in Sektoren mit wenig Wettbewerb erfolgreich zu wirtschaften. Dass man als Anleger dort langfristig am reichsten wird, ist erhellend, aber eigentlich auch nicht überraschend.

2 Kommentare

Amir Zukanovic

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Auch zukünftig wird an US-Aktien kein Weg vorbeiführen. Neue technologische Errungenschaften werden nicht mehr in Europa gemacht. Hier unterdrückt eine haarsträubende Überregulierung jeden unternehmerischen Pioniergeist. Die neuen Innovationswellen z.B.rund um Künstliche Intelligenz und humanoide Robotik werden ausschließlich von US-Firmen vorangetrieben.

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